Beim Marathon steigen 80 Prozent der Läufer geistig oder körperlich zwischen Kilometer 30 und 35 aus – dem berüchtigten „Mann mit dem Hammer“. Interessanterweise scheitern Unternehmer oft genau dort, wo es ernst wird: nicht zu Beginn, sondern im letzten Drittel. Wie gelingt es Spitzensportlern, genau dann Leistung abzurufen, wenn andere aufgeben? Und was kann die Wirtschaft von ihren Strategien lernen? Denn wer im Business auf Langstrecke geht, braucht mehr als Ehrgeiz. Er braucht System, Substanz – und Reserven.
Durchhalten ist keine Frage des Willens – sondern der Energieverteilung
Zielstrebigkeit wird in der Wirtschaft gern romantisiert. Doch Ausdauer ist kein Bauchgefühl, sondern Management. Marathonläufer wissen: Wer zu schnell startet, verliert hinten. Unternehmer erleben Ähnliches. Anfangseuphorie, harte Aufbauarbeit, dann das Plateau – und irgendwann der mentale „Mann mit dem Hammer“. Umsatz stagniert, das Team wird müde, Ressourcen schwinden. Genau wie im Sport entscheidet nun die Vorbereitung.
Professionelle Läufer planen ihre Energiezufuhr minutiös. Bei Kilometer 28 greifen sie gezielt zum Energy Gel, um einem Leistungseinbruch zuvorzukommen – lange bevor die Erschöpfung einsetzt. Unternehmer können dieses Prinzip übernehmen: Wer regelmäßige „Energiepunkte“ in den Arbeitsalltag integriert – Pausen, Reflexion, Unterstützung –, bleibt leistungsfähig, wenn andere ausbrennen. Dabei geht es nicht um Wellness, sondern um Strategie.
Energie ist steuerbar – nicht spontan
Effizienz heißt nicht: immer alles geben. Sondern: gezielt geben, wo es zählt. Wer seine Kräfte sinnvoll taktet, hat Luft, wenn es darauf ankommt.
Für Unternehmen bedeutet das: nicht 24/7 durchpowern, sondern bewusst auf längere Zyklen denken. Geschäftsmodelle, die in Quartalen und Jahren funktionieren, dürfen nicht nach Wochen erschöpft wirken. Leistungsfähigkeit entsteht durch vorausschauende Planung – genau wie im Spitzensport. Und manchmal reicht ein kleiner Impuls zur richtigen Zeit, um das große Ganze zu retten.
Wenn Routine gefährlich wird: der wirtschaftliche Einbruch ab Kilometer 30
Anfangs läuft es rund. Neue Projekte, motiviertes Team, steigende Kennzahlen – die Euphorie trägt weit. Doch irgendwann kehrt Alltag ein. Prozesse wiederholen sich, der Markt wird träge, das Team fragt: „Was jetzt?“ Wer hier kein zweites Energielevel erreicht, verliert Momentum – und oft mehr.
Im Marathon ist dieser Punkt gefürchtet: Der Körper brennt, die Schritte werden schwer, der Rhythmus gerät ins Stocken. Der gleiche Effekt tritt im Geschäftsleben auf. Nach den ersten Erfolgen folgen Zweifel. Was zuvor Antrieb war, wird zur Belastung. Unternehmer, die das ignorieren, überdrehen – oder brechen ein.
Was jetzt hilft, ist nicht mehr Tempo – sondern mehr Tiefe. Unternehmen brauchen hier Strategiewechsel, nicht nur Durchhalteparolen.
Manche setzen auf Produktinnovation, andere auf neue Zielgruppen oder Prozessautomation. Entscheidend ist: Man erkennt, dass der bisherige Antrieb nicht mehr trägt. Wie im Sport ist dieser Punkt kein Versagen – sondern eine Einladung zur Kurskorrektur.
Regeneration ist kein Rückschritt – sondern unternehmerisches Kapital
Läufer trainieren nicht nur die Bewegung, sondern auch das Innehalten. Regeneration gehört zum System – nicht zur Schwäche. Im Unternehmertum gilt das Gegenteil: Pausen gelten als Faulheit, Reflexion als Zeitverschwendung. Ein Irrtum mit Folgen.
Das Gehirn verarbeitet in Ruhephasen komplexe Zusammenhänge. Wer keine Zeit zur Auswertung lässt, trifft schlechtere Entscheidungen. In Hochleistungsphasen braucht das Nervensystem regelmäßig Entlastung – sonst blockiert es. Unternehmer, die dauerhaft unter Strom stehen, verlieren strategische Tiefe. Sie reagieren – statt zu gestalten.
Wer pausiert, führt besser
Nicht der Schnellste gewinnt, sondern der, der sich richtig einteilt. In der Wirtschaft ist das nicht anders.
Vorstände erfolgreicher Unternehmen berichten regelmäßig von bewusst eingeplanten Rückzugsphasen. Das können Sabbaticals, stille Arbeitswochen oder systematische Coaching-Einheiten sein. Entscheidend ist nicht die Länge, sondern die Klarheit der Pause. Auch ein einstündiger Spaziergang ohne Smartphone kann mehr Strategie bringen als ein ganzer Arbeitstag im Büro.
Krisen verlangen Führung – aber nicht im Alleingang
Wenn der Körper versagt, hilft kein Einzelwille mehr. Im Marathon übernimmt ab Kilometer 35 oft der mentale Coach. Im Unternehmen wäre das die Führungsriege. Doch viele Gründer versuchen, die letzten Kilometer allein zu laufen. Sie kämpfen gegen Erschöpfung, Druck und Verantwortung – aber ohne Teamrückhalt.
Dabei ist genau jetzt kollektive Intelligenz gefragt. Führung heißt, in schwierigen Phasen Verbündete zu aktivieren. Wer alles allein tragen will, verliert oft den Überblick – und die Lust. Erfolgreiche Unternehmer schaffen Räume, in denen Mitarbeitende Verantwortung übernehmen dürfen. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie es können.
Mentale Stärke ist trainierbar – auch in der Wirtschaft
Jeder Ausdauerathlet weiß: Der größte Gegner ist der eigene Kopf. Müdigkeit beginnt nicht in den Beinen, sondern im Denken. Unternehmer kennen das: Zweifel, Grübeleien, Erschöpfung – nicht körperlich, sondern mental. Gerade in längeren Projekten, bei stagnierenden Märkten oder ungeplanten Rückschlägen ist mentale Resilienz der entscheidende Erfolgsfaktor.
Resilienz ist nicht angeboren. Sie entsteht durch Wiederholung, Reflexion und bewusste Steuerung. Wer regelmäßig mit Unsicherheit konfrontiert ist – und trotzdem weitermacht –, baut innere Stärke auf. Wirtschaftlich erfolgreiche Menschen zeichnen sich nicht durch Daueroptimismus aus, sondern durch Frustrationstoleranz.