Der digitale Arbeitsalltag ist geprägt von Bildschirmarbeit: Tablets, Monitore und Smartphones führen dazu, dass viele Beschäftigte Stunden am Tag mit Blick auf leuchtende Displays verbringen. In diesem Kontext wird zunehmend diskutiert, ob der Anteil an energiereichem blauen Licht – insbesondere im Bereich von 380 bis 500 Nanometern – ein gesundheitliches Risiko darstellt. Zugleich bieten Optiker spezielle Brillenlösungen für Bildschirmarbeitsplätze an. Fachleute von Optiker eyes + more sehen einen Zusammenhang zwischen intensiver Bildschirmnutzung, visueller Ermüdung und Migräneanfälligkeit. Doch wie überzeugend ist die wissenschaftliche Basis für Spezialgläser wirklich? Im Folgenden wird eine faktenbasierte Analyse präsentiert – mit Blick auf Nutzen und Grenzen.
Was bedeutet Blaulicht im Arbeitsalltag?
Blaulicht und seine Wirkung auf den Körper
Blaulicht gehört zur sichtbaren Lichtstrahlung mit kurzen Wellenlängen und hoher Energie. Primär stammt es aus Sonnenlicht, doch elektronische Displays emittieren ebenfalls einen Anteil im blauen Spektrum. Studien zeigen, dass dieser Lichtanteil melanopsinempfindliche Rezeptoren in der Netzhaut stimulieren kann und damit den zirkadianen Rhythmus beeinflusst. Gleichzeitig ist der Blaulichtanteil von Bildschirmen im Vergleich zum Sonnenlicht deutlich geringer. Der Schluss, Bildschirm-Blaulicht könne dauerhaft Schäden am Auge verursachen, ist in dieser Form wissenschaftlich nicht belegt.
Visuelle Ermüdung – ein häufiges Phänomen bei Bildschirmarbeit
Viele Beschäftigte berichten über Symptome wie trockene Augen, Nackenverspannungen, Kopfschmerzen oder Migräne nach langen Bildschirmphasen. Diese Beschwerden lassen sich jedoch nicht eindeutig allein dem Blaulicht zuordnen. Vielmehr spielen Faktoren wie ungünstige Sitzhaltungen, geringe Schriftgrößen, fehlende Pausen oder ungünstige Kontraste eine zentrale Rolle. Studien betonen, dass digitale Augenbelastung („digital eye strain“) multifaktoriell entsteht – Blaulicht ist meist nur einer von mehreren Auslösern.
Spezialgläser am Arbeitsplatz: Potenziale und wissenschaftliche Einordnung
Technische Möglichkeiten von Brillen mit Blaulichtfilter
Spezialgläser für Bildschirmarbeit können bestimmte Wellenlängen herausfiltern, die als belastend gelten. Bei korrekter Anpassung – also individueller Sehstärkenbestimmung, Arbeitsplatzanalyse und ergonomischer Feinabstimmung – berichten manche Nutzerinnen und Nutzer von subjektiven Verbesserungen: geringere Ermüdung, angenehmerer Sehkomfort oder weniger Blendung. Diese positiven Erfahrungswerte zeigen das Potenzial einer professionellen Arbeitsplatzoptik.
Was die Forschung sagt – mit kritischem Blick
Unabhängige Analysen zeigen: Der wissenschaftliche Nachweis, dass Blaulichtfiltergläser die Augenbelastung, die Häufigkeit von Kopfschmerzen oder die Schlafqualität signifikant verbessern, ist schwach. Eine systematische Überprüfung ergab, dass Blaulichtfilter im Vergleich zu Standardgläsern wahrscheinlich nur wenig oder keinen messbaren Effekt haben. In der Praxis bedeutet das: Eine Spezialbrille kann helfen – sie ersetzt jedoch keine ergonomischen Anpassungen.
Grenzen und realistische Erwartungen
– Die Filterwirkung hängt stark vom Modell und den tatsächlichen Lichtverhältnissen ab.
– Blaulicht allein gilt wissenschaftlich nicht als ausreichende Ursache für Migräne oder Netzhautschäden.
– Filter ersetzen keine Pausen, korrekte Beleuchtung oder optimierte Monitoreinstellungen.
Migräne und Bildschirmarbeit – eine differenzierte Betrachtung
Warum Bildschirmarbeit Migräneanfälle begünstigen kann
Migräne entsteht aus zahlreichen Auslösern: hormonelle Schwankungen, Stress, Schlafmangel, bestimmte Nahrungsmittel oder visuelle Reize können eine Rolle spielen. Im beruflichen Kontext können starke Kontraste, flimmernde Monitore, Blendung oder monotone Blickbewegungen Migräneanfälle verstärken. Eine Brille mit angepassten Gläsern und ggf. Filterung kann unterstützen – stets jedoch als Teil eines größeren Gesamtkonzepts.
Arbeitgeberpflichten und Vorsorge in Österreich
Die österreichische Arbeitsstättenverordnung verlangt, dass Bildschirmarbeitsplätze so gestaltet werden, dass gesundheitliche Belastungen minimiert werden. Dazu gehört eine augenoptische Untersuchung, wenn Beschwerden auftreten, und gegebenenfalls eine geeignete Sehhilfe. Eine Spezialbrille ist damit immer eine individuelle Lösung im Rahmen eines umfassenden Vorsorgekonzepts – nicht eine isolierte Maßnahme.
Fazit – ausgewogene Handlungsempfehlung
Spezialgläser mit Blaulichtfilter können im digitalen Arbeitsalltag entlastend wirken, vor allem wenn individuelle Sehanforderungen und Arbeitsplatzbedingungen berücksichtigt werden. Allerdings spricht die aktuelle Evidenz nicht dafür, solche Gläser als generelle Lösung für Müdigkeit, Migräne oder potenzielle Augenschäden zu betrachten. Wesentlich wirksamer sind ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, regelmäßige Pausen, gezielte Blickwechsel und eine optimierte Raumbeleuchtung. Eine fundierte Entscheidung sollte gemeinsam mit qualifizierten Augenoptikerinnen oder Augenoptikern getroffen werden – mit realistischem Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen.










