Jederzeit kurzfristig reagieren können
Mit der zunehmenden Digitalisierung steigt auch die Erwartungshaltung einer insgesamt deutlich schnelleren Abarbeitung von Anfragen und Aufträgen nahezu in Echtzeit. Zwar bestimmen Angebot und Nachfrage weiterhin den Markt, doch der Faktor Schnelligkeit ist inzwischen ein markanter Bestandteil der Nachfrage und auch des Angebots. Es geht nicht mehr nur darum, wer was liefern kann, sondern im Fokus steht fast ausschließlich die Kondition „Wie schnell kann geliefert werden“.
Der Markt ist schneller
Insgesamt beschleunigt sich der Markt deutlich. Pandemie und Wirtschaftskrise haben zwar dazu beigetragen, dass lange Lieferzeiten bei bestimmten Waren nicht mehr als ungewöhnlich gelten. Aber gleichzeitig müssen auch mehr Unternehmen ums Überleben bangen und können es sich nicht leisten, Kunden wegen zu langen Wartezeiten zu verlieren. Aufträge werden immer spezieller, müssen aber gleichzeitig auch schneller erledigt werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Was für viele Unternehmen eine zusätzliche, besondere Herausforderung darstellt, ist tatsächlich für diese und die Wirtschaft insgesamt auch eine große Chance. Dank der Digitalisierung muss nicht nur anders geplant werden, sondern es kann auch anders geplant werden. Denn was hier für eigene Unternehmen in puncto Schnelligkeit gilt, gilt teilweise auch für die eigenen Zulieferer. Doch hat diese Sache auch einen Haken. Der Markt gleicht heute mehr als früher einer großen Hochgeschwindigkeitsbörse, an der die Aufträge an den schnellsten Lieferanten gehen. Die Markentreue wird im Gegenzug reduziert, was die Planbarkeit der eigenen Auftragslage spürbar schrumpfen lässt.
Vorbereitung bedeutet Vorteile
Eine sinkende Markentreue hat deutlich den Nachteil, dass gerade Großaufträge schrumpfen werden. Auf der anderen Seite kann durch die notwendige, hohe Liefergeschwindigkeit die eigene Marktposition auch weiter ausgebaut werden. Man erhält den Auftrag dann nicht mehr aus Gewohnheit oder alter Verbundenheit, sondern man erhält den Auftrag aufgrund seiner marktfähigen Geschwindigkeit. Mit dieser punktet das Unternehmen dann künftig nicht mehr allein bei der Stammkundschaft, sondern dann auch bei allen neuen Kunden, die ihrer Stammmarke aufgrund des Termindrucks nicht mehr vollumfänglich treu bleiben können. In einzelnen Segmenten könnte der Markt durch diese Änderung nahezu umgewälzt werden. Wer konkurrenzfähig bleiben will, muss sich stärker und flexibler auf die wechselnden Anforderungen des Marktes vorbereiten. Materialien, die sicher verbraucht werden, müssen stärker bevorratet werden, um jederzeit die Produktion anfahren zu können. Als minimale Vorbereitung müssen die schwerlastregale im Betrieb bereitstehen, die bei einem plötzlichen Großauftrag für Material und produzierte Ware benötigt werden. Es bleibt keine Zeit, diese vor Produktionsbeginn noch schnell aufzustocken.
Nachfrage kann dem Markt diktieren
Angebot und Nachfrage halten sich immer häufiger nicht mehr die Waage. Zwei Phänomene scheinen sich gegenseitig selbst zu verstärken. Erstens werden mehr Angebots-Anfragen gestellt, die nicht zu einem Abschluss führen. Dahinter steckt oft eine Marktrecherche nach Gießkannenprinzip. Um die besten Konditionen zu erzielen, werden einfach mehr Betriebe angefragt, in der Hoffnung, dass einer davon deutlich schneller ist, als bis dahin üblich war. Zweitens funktionieren aus unterschiedlichen Gründen noch nicht alle alten Lieferketten wieder so zuverlässig, wie noch vor vier bis fünf Jahren. Ausweichlieferanten müssen sich etablieren. Das bindet in vielen Betrieben zusätzlich Kapazitäten. Ein individuelles Lieferangebot zu erstellen, führt deutlich seltener zum Erfolg, aber gleichzeitig muss man selbst mehr Angebote einholen, um Löcher in Lieferketten auszugleichen. Zur Kompensation bieten viele Lieferanten in vorauseilendem Gehorsam kürzere Produktions- und Lieferzeiten an und müssen diese dann zwingend einhalten. Insgesamt führt das dazu, dass die Nachfrage dem Markt eine Kurzfristigkeit aufzwingt, die nicht immer auf faktischen Sachzwängen beruhen muss.