Im Maschinenbau bleiben derzeit rund 12.000 Ausbildungsstellen unbesetzt – pro Jahr. Während Betriebe um Fachkräfte ringen, liegt die Lösung oft näher als gedacht: im eigenen Haus. Wer junge Menschen systematisch ausbildet, sichert sich nicht nur loyale Mitarbeiter, sondern gestaltet die Zukunft aktiv mit. Doch warum scheuen sich so viele Unternehmen vor der Verantwortung? Fehlen ihnen Know-how, Zeit oder schlicht ein Plan? Diese Fragen stellen sich immer drängender. Denn der Fachkräftemangel frisst sich längst in die Substanz der österreichischen Wirtschaft.
Ausbildung braucht Struktur, nicht nur guten Willen
Viele Unternehmen wollen ausbilden – aber sie tun es halbherzig. Lehrlingsausbildung beginnt oft mit besten Absichten und endet in chaotischem Improvisieren. Ein junger Mitarbeiter wird zum Ausbilder erklärt, ein Ordner mit alten Unterlagen reicht als Plan. Was dabei herauskommt, sind Lehrlinge, die irgendwann frustriert abspringen oder mangels Förderung nicht ihr Potenzial entfalten. Ein Muster, das sich vermeiden ließe, wenn Betriebe ihre Ausbildungsarbeit so systematisch angehen würden wie ihre Produktionsprozesse.
Ein gutes Beispiel dafür liefert die Schweiz, wo Ausbildung auf hohem Niveau stattfindet. Dort bereiten sich angehende Ausbildner etwa im Berufsbildnerkurs Zürich gezielt auf ihre Rolle vor. Sie lernen, wie man Ausbildungspläne nicht nur schreibt, sondern sinnvoll lebt. Wie man Feedback gibt, das weiterbringt. Und wie man Jugendliche begleitet, ohne zu bevormunden. Wer Verantwortung für Nachwuchs übernimmt, braucht nicht nur Fachwissen, sondern pädagogisches Handwerk. Genau das fehlt in vielen Betrieben – und damit verpufft jede noch so gut gemeinte Initiative.
Lernen im Betrieb – aber richtig
Praxis ist das große Pfund der betrieblichen Ausbildung. Doch Praxis allein reicht nicht. Lehrlinge brauchen eine klare Linie, ein Ziel, das über die bloße Tätigkeit hinausgeht. Sie müssen verstehen, warum sie etwas tun, wie es ins große Ganze passt – und was das für ihren weiteren Weg bedeutet. Ohne diesen Zusammenhang wird die Arbeit zur bloßen Abarbeitung. Und genau hier entscheiden sich Motivation und langfristige Bindung.
Ein Betrieb, der seine Ausbildung strategisch denkt, sieht den Lehrling nicht als günstige Arbeitskraft, sondern als Investition. Er plant Lernziele, führt regelmäßige Fördergespräche, reflektiert – und passt bei Bedarf an. Das kostet Zeit, spart aber langfristig Personalprobleme. Ausbildungsqualität entsteht nicht durch Zufall, sondern durch Führung. Und die wiederum muss gelernt werden. Deshalb lohnt sich auch für österreichische Unternehmen ein Blick auf etablierte Konzepte im Ausland oder Kooperationen mit Bildungsinstitutionen.
Wenn Förderung Wirkung zeigt
Ein mittelständischer Produktionsbetrieb in einer strukturschwachen Region stand vor der Entscheidung: weiter nach Lehrlingen suchen – oder selbst systematisch ausbilden. Man entschied sich für Letzteres. Statt dem bisherigen „Mitlaufen lassen“ setzte man auf klare Zuständigkeiten, feste Lernziele und dokumentierte Feedbackgespräche. Ein erfahrener Mitarbeiter übernahm die Rolle des Ausbildungsverantwortlichen, entlastet vom Tagesgeschäft. Das Ergebnis: Innerhalb von zwei Jahren stieg die Abschlussquote signifikant. Frühere Lehrlinge blieben im Betrieb, neue bewarben sich auf Empfehlung ehemaliger Azubis. Die Ausbildungsqualität sprach sich herum – nicht in Broschüren, sondern in persönlichen Gesprächen.
Feedback als Erfolgsbaustein verstehen
Junge Menschen brauchen Orientierung – gerade im beruflichen Alltag. Doch Feedback ist mehr als ein Lob oder Tadel. Es geht um gezielte Entwicklung, klare Rückmeldung und das richtige Maß an Anleitung und Vertrauen. Viele Ausbilder stolpern an genau dieser Stelle, weil sie glauben, ein freundliches Miteinander sei ausreichend. Doch ein gutes Verhältnis ersetzt keine professionelle Begleitung. Feedback gehört zur Ausbildung wie das Werkzeug zur Werkbank – funktional, verlässlich und passgenau.
In der Praxis heißt das: Rückmeldungen müssen zeitnah erfolgen, konkret sein und an einem gemeinsamen Ziel ausgerichtet werden. Allgemeine Aussagen wie „Du machst das gut“ oder „Streng dich mehr an“ helfen niemandem weiter. Stattdessen braucht es präzise Beobachtungen: Was lief gut, was war verbesserungswürdig, und wie sieht der nächste Schritt aus? Gelingt es, diese Rückmeldungen nicht als Bewertung, sondern als Unterstützung zu vermitteln, entsteht eine Lernatmosphäre, die trägt. Ein solcher Dialog setzt jedoch mehr voraus als nur gute Absichten – nämlich methodische und kommunikative Kompetenz.
Was gutes Feedback auszeichnet – und was nicht
Ein gelungenes Feedbackgespräch beginnt vorbereitet. Der Ausbilder bringt Beispiele mit, benennt konkrete Situationen und fragt auch nach der Selbstwahrnehmung des Lehrlings. Gemeinsam werden Stärken identifiziert, Schwächen analysiert und Maßnahmen vereinbart – etwa zusätzliche Übungszeiten, die Begleitung durch erfahrene Kollegen oder ein Zwischengespräch in vier Wochen. Wichtig ist dabei: Der Ton macht die Musik. Kritik wird nicht als Vorwurf formuliert, sondern als Impuls zur Weiterentwicklung.
Ein misslungenes Gegenbeispiel: Der Lehrling erhält monatelang keine Rückmeldung, außer beiläufige Bemerkungen im Vorbeigehen. Beim Jahresgespräch heißt es dann plötzlich, man sei „nicht wirklich zufrieden“. Die Gründe bleiben diffus, der Lehrling ist irritiert, frustriert – und innerlich längst weg. Genau hier liegt der Unterschied zwischen Führung und bloßer Verwaltung von Nachwuchs. Feedback ist ein zentrales Führungsinstrument – wer es nicht nutzt, verschenkt Potenzial.