Umweltschonend und nachhaltig: Digitaler Gewürzanbau mit Drohnen
Drohnen werden in der Landwirtschaft schon häufig eingesetzt. Sie überwachen den Zustand der Pflanzen, erkennen Unkraut, bringen Dünge- und Pflanzenschutzmittel aus und ermitteln den idealen Erntezeitpunkt. In der Forstwirtschaft bringen sie auch Saatgut aus. Das schont den Boden und die Umwelt, spart Kosten und CO2. Für den Anbau von Sonderkulturen – insbesondere Gewürzen – gibt es noch kaum Erfahrungen. Das neue Forschungsprojekt „DIGIHERB“ im Lebensmittel-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria übernimmt nun eine Vorreiterrolle und erforscht den Drohneneinsatz im Anbau von Blaumohn und Kümmel.
Michael Treiblmeier hat sich mit seinem Unternehmen Blickwinkel – digital service einer Vision verschrieben: Sein Ingenieurbüro für digitale Landwirtschaft in Kirchdorf am Inn begleitet landwirtschaftliche Betriebe und Unternehmen auf ihrem Weg in die Digitalisierung. „Wir unterstützen landwirtschaftliche Betriebe und Unternehmen auf dem Weg zur Digitalisierung. Dabei wird auf alle individuellen Anforderungen Rücksicht genommen. Neue Technologien sollen unterstützen und nicht überfordern sowie gleichzeitig Effizienz und Nachhaltigkeit generieren. Der Drohneneinsatz zur Erfassung der Pflanzengesundheit und das Streuen aus der Luft sind kleine Auszüge aus dem gesamten Portfolio“, erklärt der Gründer und Geschäftsführer.
Drohneneinsatz für Spezialkulturen
„Mit dem Projekt DIGIHERB wollen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung in allen Facetten im Gewürzanbau prüfen und die neuen zukunftsträchtigen Möglichkeiten im Lebensmittelanbau nutzen und ausbauen. Das soll auch die Digitalisierung im Lebensmittelanbau vorantreiben“, sagt Heidrun Hochreiter, Managerin des Lebensmittel-Clusters, der das Projekt koordiniert und begleitet. Das Projekt evaluiert außerdem wissenschaftlich fundiert die Einsatzmöglichkeiten der Drohnentechnologie im Spezialkulturanbau.
Klima- und bodenschonend
„Der Mehrwert für die Landwirtschaft ist vielfältig“, betont Claudia Probst, Professorin für Agrartechnologie und -management an der Fachhochschule Oberösterreich am Campus Wels, die das Projekt wissenschaftlich begleitet. „Zum einen ist die Drohnentechnologie eine klima- und bodenschonende Ergänzung zu gängigen Landmaschinen, weil mit ihnen manche Anwendungen effizienter durchgeführt werden können. Zum anderen sorgt sie dafür, dass Betriebsmittel kostensparend und nach Bedarf eingesetzt werden, was ebenfalls die Umwelt schont.“
Feldversuche im Innviertel
In der Praxis wird die Drohnentechnologie auf den Feldern der Schneiderbauer Gewürze GmbH und von mehreren Vertragslandwirten im Innviertel getestet. Die Geschwister Karin und Stefan Schneiderbauer führen das Familienunternehmen aus Lambrechten seit 2018. Sie beliefern Großbäckereien und Mühlen mit Leinsamen, Blaumohn, Kümmel und Brotgewürz sowie den Einzelhandel mit Gewürzmischungen. „Alle unsere Gewürze stammen zu 100 Prozent aus Österreich, entweder von unseren eigenen Feldern oder von unseren Vertragslandwirten. Ein gesunder Boden und eine schonende Ernte sowie gentechnikfreie Pflanzen sind dabei unsere Kernphilosophie“, sagt Karin Schneiderbauer.
Grundlagenforschung ist nötig
Zunächst soll auf den Schneiderbauer-Feldern ermittelt werden, wie die Ausbringung des Saatguts mittels Drohne möglich ist. „Die Aussaattechnologie mittels Drohne ist die am wenigsten erforschte Methode. Daher müssen wir mit Grundlagenforschung beginnen, um den idealen Prozess und die ideale Methode für die Aussaat des Blaumohns und verschiedener Gewürze zu ermitteln“, betont FH-Professorin Claudia Probst. Zunächst müssen gefärbte Saatgutkapseln hergestellt und dann ein Flugplan mit ersten Tests erstellt werden. Aus den gesammelten Daten wird die Saatgutausbringung kartiert, die optimale Flughöhe und Geschwindigkeit ermittelt. Nach den Feldversuchen werden die gesammelten Daten ausgewertet und interpretiert.
Drohnen zum Düngen
Die weiteren Forschungsfragen betreffen hauptsächlich die Kultur von Kümmel. Dieser wird mit Stickstoff gedüngt. Die bedarfsgerechte Dosierung wird bisher über den Nährstoffgehalt der Pflanze ermittelt. Darüber gibt unter anderem der Chlorophyllgehalt der Blätter Auskunft. Ist er niedrig, wird mehr gedüngt, ist er hoch, wird weniger Stickstoff ausgebracht. Der Chlorophyllgehalt kann bisher nur mit zeitaufwändigen und teuren Laborverfahren ermittelt werden. Ziel ist, variabel und bedarfsgerecht zu düngen. „Die moderne Präzisionslandwirtschaft setzt hier bereits auf Fernerkundung, auch Remote Sensing genannt. Drohnen werden dafür mit verschiedensten Sensoren ausgestattet und liefern hochaufgelöste Bilder in verschiedenen Lichtspektren sowie weitere Daten über biologische und phänologische Merkmale der Pflanzen. Um diese Daten und Messungen an die Anforderungen der Praxis anzupassen und exakte Handlungsempfehlungen abzuleiten, beziehen wir breites Know-how und umfassende fachliche sowie praktische Expertise mit ein“, erklärt Michael Treiblmeier.
Remote Sensing – Fernerkundung
Mit Multispektralsensoren ausgestattete Satelliten erfassen ebenfalls den Chlorophyllgehalt von Pflanzenvegetationen ganzer Kontinente. Aus diesen satellitengestützten Daten können sogenannte Applikationskarten erstellt werden. Jedoch stehen diese Daten zeitlich nur begrenzt zur Verfügung. Drohnen hingegen können jederzeit und unabhängig von den Satelliten die Felder überfliegen und Bilddaten sammeln. Das Projektteam will nun die Karten aus den Satellitendaten und den Drohnenflügen vergleichen. „Wir teilen die Versuchsfelder, bringen den Stickstoffdünger aus und messen mittels Drohnenflug und Satelliten eine Vielzahl an Parametern der Pflanzengesundheit und -ernährung. Dann schauen wir uns die Unterschiede zwischen den Satelliten- und Drohnenkarten an“, erläutert Probst. Projektziel ist, Düngemittel einzusparen und standortgerecht auszubringen. Es geht auch um das Erforschen des idealen Düngezeitpunkts sowie den optimalen Flugzeitpunkt für die Chlorophyllmessung.
Unkraut gezielt bekämpfen
Im Projekt wird auch eine KI-Anwendung aus dem Hause Blickwinkel für die Anforderungen des Gewürzanbaus weiterentwickelt. Durch die Anwendung dieses System und die Übertragung der Daten in Feldspritzen können bei der Bekämpfung bestimmter Unkräuter Pflanzenschutzmittel eingespart werden. „Mit der Drohnenüberwachung wollen wir außerdem den idealen Erntezeitpunkt für den Kümmel ermitteln. Die drohnengestützten Vegetationschecks geben auch Aufschluss über die Entwicklung einzelner Pflanzen und meistens auch über die Ursache von guter oder schlechter Entwicklung und wie wir reagieren sollen“ sagt Stefan Schneiderbauer.
Forschungsprojekt mit Pionierleistung
Auch die Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen können mit regelmäßigen Drohnenflügen kontrolliert werden. Das Projektteam will auch erforschen, wie sich natürliche Einflüsse wie etwa unterschiedliche Bodenarten auf das Wachstum auswirken. „Als Ergebnis erhoffen wir uns, die Kosten für Betriebsmittel zu senken und die Produktion effizienter und Nachhaltiger zu gestalten“, sagt Karin Schneiderbauer. Lebensmittel-Cluster-Managerin Heidrun Hochreiter ergänzt: „Die Digitalisierung ist im Gewürzanbau weitestgehend unerforscht und es gibt noch keine wissenschaftlichen Publikationen. Das Projekt DIGIHERB schafft hier also mit Grundlagenforschung eine Pionierleistung. Die Ergebnisse können mit entsprechenden Modifikationen für weitere Kulturpflanzen übernommen werden. Somit sind wieder weitere Schritte in Richtung einer umweltschonenden, nachhaltigen Lebensmittelproduktion getan.“
Pressemeldung von Business Upper Austria