Vom Problemkind zum Umwelthelden: Verpackungen aus Kunststoff
Manche Kunststoffverpackungen sparen Gewicht und damit Ressourcen, schützen Lebensmittel besser vor Verderb als andere Materialien, sind recyclingfähig und haben einen geringeren CO2-Fußabdruck als vermeintlich umweltfreundlichere Verpackungen. Das ist das Ergebnis des Projekts „ÖkoVerpackt“ im Lebensmittel-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria. Am Projekt beteiligten sich die Landena Wels KG, die Pankrazhofer GmbH aus Tragwein, Jodl Verpackungen aus Lenzing, die PETman GmbH aus Frankenburg und das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) in Wien.
Das Kooperationsprojekt „ÖkoVerpackt“ im Lebensmittel-Cluster ging davon aus, dass bei Verpackungen im Sinne der Ökodesign-Richtlinien unter Umständen Recycling nicht immer möglich oder sinnvoll ist. Somit könnte aus der Gesamtbetrachtung resultieren, dass bei bestimmten Anwendungen der Einsatz von Verbundverpackungen bereits die optimale Lösung darstellt, obwohl sie nicht recyclingfähig ist. Das Ziel war daher, derzeitige Verpackungen durch ökodesigngerechte Verpackungslösungen zu ersetzen. Im Gegensatz zum Trend, der ausschließlich auf die Rezyklierbarkeit setzt, lag bei „ÖkoVerpackt“ der Fokus auf der ökologischsten Verpackung. Das Projektteam wollte zwei bis drei neue Verpackungslösungen finden und eventuell sogar neue Materialien entwickeln.
Recycling und Produktschutz sind kompatibel
„Bei allen Projektpartnern zeigte sich nach zweijähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit: Sowohl Lösungen, die zu mehr als 90 Prozent recyclingfähig sind und Materialgewicht sparen, als auch Lösungen, die den CO2-Fußabdruck verkleinern, sind grundsätzlich möglich, ohne dass der Produktschutz darunter leidet“, sagt Heidrun Hochreiter, Managerin des Lebensmittel-Clusters.
Praktikables Ökodesign-Tool
Das OFI entwickelte ein praktikables Ökodesign-Tool, das mittels Lebenszyklusanalysen und Recyclingfähigkeitsbewertungen eine umfassende ökologische Bewertung der Verpackungsmaterialien erzielt. „Dadurch können die Projektpartner ihre Umweltziele für die gewünschte Verpackungsoptimierung anhand von Ökodesign-Strategieelementen und messbaren Zielgrößen relativ einfach definieren und konkretisieren“, sagt Michael Krainz vom Forschungspartner OFI. Die Auswertung erfolgt übersichtlich über ein Netzdiagramm anhand definierter Umweltziele.
Glas ist nicht die nachhaltigste Verpackung
Eva und Norbert Eder, Landwirte aus Tragwein, produzieren mit ihrer Pankrazhofer GmbH unter anderem Senf in Bio-Qualität, der im Glas verkauft wird. Sie wollten wissen, ob diese Verpackungsart auch wirklich die nachhaltigste ist oder ob es Alternativen gibt, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben. Es kristallisierte sich ein recyclingfähiger Standbeutel aus Polypropylen (PP) mit PP-Verschluss und hoher Sauerstoffbarriere als geeignetste Lösung heraus. Sie würde das Verpackungsgewicht um 95 Prozent reduzieren – bei ähnlich hoher Recyclingfähigkeit wie beim derzeitigen Glas. Die CO2-Reduktion würde 69 bis 74 Prozent ausmachen. „Allerdings kann diese Lösung nur ein geeigneter Lohnabfüller umsetzen. Die größere Hürde wäre aber bestimmt die Akzeptanz einer Kunststoffverpackung bei unseren Kund:innen“, sagen Eva und Norbert Eder. Sie planen daher eine Kommunikationskampagne und Markttests mit den gewonnen Erkenntnissen, um die Akzeptanz von PP-Verpackungen bei den Konsument:innen zu testen und einzuschätzen.
Qualität der Lebensmittel gesichert
Die Landena Wels KG beteiligte sich an dem Projekt für ihre Trockensuppen und Fertiggerichte. Ihr Ziel: der Einsatz recyclingfähiger Verpackungsfolien bei gleichem Produktschutz. Derzeit verwendet Landena Beutel aus Papier-Aluminium-Kunststoff-Verbund sowie Kunststoff-Aluminium-Verbund. Gemeinsam mit der Lenzinger Jodl Verpackungen GmbH wurde im Projekt eine reine Monomaterialkunststofflösung mit sehr hoher Sauerstoff- und Wasserdampfbarriere entwickelt, die den hohen Produktschutz bei gleichzeitig hoher Recyclingfähigkeit erfüllt. „Die im Projekt entwickelte PP-Folie kann grundsätzlich beide bisherige Verpackungsarten gleichermaßen gut ohne wesentlichen Produktschutzeinbußen ersetzen“, erklärt Landena-Projektleiter Peter Senzenberger. Norbert Neumayer, Verkaufs- und Marketingleiter bei Jodl-Verpackungen, ergänzt: „Die Recyclingfähigkeit liegt bei mehr als 90 Prozent, das Verpackungsgewicht reduziert sich um 21 bzw. elf Prozent und der Wechsel vom Kunststoff-Aluminium-Verbund auf die PP-Folie spart bis zu 29 Prozent CO2.“
CO2-Bilanz verbessert
Die PETman GmbH in Frankenburg stellt PET-Folien her und entwickelt auch neue Produkte. Im Projekt nahm Geschäftsführer Markus Neudorfer mit dem OFI Verpackungen für Schnittkäse unter die Lupe: „Wir wollten die Recyclingfähigkeit und die CO2-Bilanz verbessern.“ Die bestehende nicht rezyklierbare PET/PE-Tiefziehfolie wurde durch eine Monomaterial-PET-Tiefziehfolie mit und ohne 100 Prozent Rezyklatanteil ersetzt. Bei allen Verpackungsvarianten war der Produktschutz gleichwertig zur aktuellen Verpackung. Die alternativen Materialien reduzieren das Verpackungsgewicht um fünf bis elf Prozent und sind zu etwa 80 Prozent recyclingfähig. Es ergibt sich eine CO2-Reduktion von sechs bis 17 Prozent. Wird 100 Prozent Rezyklat verwendet, liegt die CO2-Reduktion bei etwa 17 Prozent.
Innovation durch Kooperation
Die Projektpartner wollen nun weiter gemeinsam an recyclingfähigen Verpackungen arbeiten. Landena und Jodl haben sich bereits dazu entschlossen, im von der FFG geförderten Projekt „flex4loop“, das vom Lebensmittel- und Kunststoff-Cluster geleitet wird, über die nächsten drei Jahre mitzuwirken. „Ein ausschlaggebender Punkt für diese Entscheidung war sicher die positive Erfahrung bei der Zusammenarbeit in diesem Projekt mit dem Lebensmittel-Cluster sowie dem OFI. Durch Kooperationsprojekte im Lebensmittel-Cluster haben so auch KMU die Chance, Forschung und Entwicklung gemeinsam mit Forschungspartnern zu realisieren. So fördern wir in unserem Netzwerk Innovation durch Kooperation“, betont Lebensmittel-Cluster-Managerin Heidrun Hochreiter.